Schulabsentismus in Hamburg:

 Herausforderungen, Hintergründe und Lösungswege

 

Schulabsentismus ist in Hamburg ein wachsendes Problem, das weit über das bloße „Schwänzen“ hinausgeht. Allein im Jahr 2022 wurden über 2000 Fälle von Schulpflichtverletzungen gemeldet – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. Diese Entwicklung zeigt, dass es dringend gezielte Maßnahmen und eine bessere Unterstützung für betroffene Schülerinnen und ihre Familien braucht.

Schulabsentismus in Zahlen: Die Dimension des Problems

  • Gemeldete Fälle:
    • 2022: 2067 Fälle, 2021: 1464 Fälle, 2020: 1226 Fälle
  • Bußgelder:
    • 2022 wurden 287.650 Euro an Bußgeldern verhängt.
  • Strafmaßnahmen:
    • In einigen Fällen kam es zu Hausdurchsuchungen und zwangsweisen Rückführungen zur Schule.
    • Zwischen 2019 und 2023 mussten 104 Jugendliche bis zu eine Woche in den Jugendarrest.

Besonders betroffen sind sozial schwächere Stadtteile wie Billstedt, Harburg, Neuallermöhe und Wilhelmsburg, in denen viele Schulen einen niedrigen Sozialindex aufweisen.

Warum gehen Kinder und Jugendliche nicht zur Schule?

Schulabsentismus hat viele Ursachen. Hinter dem Fernbleiben von der Schule steckt häufig psychische Überforderung, die sich in Form von Ängsten, Unsicherheiten oder psychosomatischen Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen äußert.

Diese Belastungen sind oft das Ergebnis von:

  • Konflikten in der Familie oder mit Gleichaltrigen
  • Schwierigkeiten, den schulischen Anforderungen gerecht zu werden
  • Traumatischen Erlebnissen oder belastenden Lebenssituationen
  • Langfristigen Unsicherheiten durch die Pandemie und ihre Folgen
  • verzögerte soziale und emotionale Entwicklung

Familien- und Kinderärzte erkennen diese Symptome oft als Anzeichen innerer Belastung. Sie wissen, dass viele Kinder mit der richtigen Unterstützung ihre Konflikte überwinden können. Doch genau hier beginnt ein weiteres Problem:

Die Lücke in der Versorgung

Die Anzahl an stationären Therapieplätze für Kinder und Jugendliche ist begrenzt,  viele ambulante spezialisierte Einrichtungen nehmen teilweise keine neuen Patientinnen mehr auf. Familien warten häufig Monate auf einen freien Platz – manche sogar über ein Jahr. Diese Wartezeit kann dazu führen, dass sich Schulvermeidung verstärkt und Kinder in einen Kreislauf aus Vermeidungsverhalten und sozialem Rückzug geraten bis zum kompletten Schulversagen.

Bestehende Einrichtungen wie Sozialpädiatrische Zentren, Psychiatrische Institutsambulanzen oder klassische kinder- und jugendpsychiatrische Praxen sind nicht ausschließlich auf Schulabsentismus spezialisiert. Das Fehlen einer gezielten Unterstützung aus der Häuslichkeit heraus, die auf die Wiederherstellung der schulischen Teilhabe abzielt, verschärft das Problem zusätzlich.

Die bee@school-Sprechstunde!: Ein Ansatz zur Verbesserung der Versorgungssituation

Die bee@school-Sprechstunde! wurde entwickelt, um genau diese Lücke zu schließen. Sie geht über eine reine Beratung hinaus und bietet einen ganzheitlichen Ansatz, der die schulische Stabilisierung über ambulante Gesprächstherapie und die Wiederintegration in die Schule in den Mittelpunkt stellt.

Die Schwerpunkte der Sprechstunde:

  • Klärungs- und Perspektivplanung:
    Gemeinsam mit den Familien werden die Ursachen analysiert und individuelle Lösungswege erarbeitet.
  • Störungsspezifische Therapie:
    Der Fokus liegt auf der Bewältigung von Ängsten, der Stärkung des Selbstvertrauens und der Vorbereitung auf die Rückkehr in die Schule.
  • Frühe Intervention:
    Durch die frühzeitige Unterstützung lassen sich langwierige und frustrierende Verläufe vermeiden.

Mit dieser Kombination aus Beratung, Therapie und Perspektivplanung aus einer Hand wird Familien eine effektive Unterstützung geboten, die individuell und lösungsorientiert auf ihre Bedürfnisse eingeht.

Früherkennung: Die Rolle der Schulen

Schulen haben in den letzten Jahren Maßnahmen eingeführt, um Schulabsentismus frühzeitig zu erkennen. Die Handreichung zum Umgang mit Schulabstinenz bietet Lehrkräften klare Anleitungen, um die ersten Anzeichen von Schulvermeidung zu identifizieren.

Diese präventive Maßnahme unterstützt Lehrkräfte dabei, frühzeitig einzugreifen und betroffene Schüler*innen zu begleiten, bevor sich Vermeidungsverhalten festigt und die Rückkehr in den Schulalltag immer schwieriger wird.

Gemeinsam Lösungen finden

Schulabsentismus zeigt, dass ein Kind oder eine Familie vor besonderen Herausforderungen steht. Der Weg zurück in den Schulalltag erfordert Geduld, Verständnis und die Zusammenarbeit aller Beteiligten: Schülerinnen, Eltern, Schulen, Ärztinnen und Therapeutinnen.

Ein inklusives Schulsystem mit besseren Ressourcen, wie mehr Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern, die sich auch ausschließlich auf ihre ursprünglichen Aufgaben konzentrieren dürfen, kann dazu beitragen, Schulvermeidung frühzeitig zu erkennen und gezielt zu bekämpfen. Pädagogische Unterstützung, statt ausschließlich auf Strafen zu setzen, kann helfen, Vertrauen aufzubauen und die betroffenen Kinder langfristig zu stabilisieren.

Fazit: Ein Weg in die Zukunft

Die Herausforderung Schulabsentismus bietet auch Chancen: Sie macht sichtbar, wo die Versorgungslandschaft verbessert werden muss und wie wichtig eine frühzeitige, gezielte Unterstützung ist. Mit spezialisierten Angeboten wie der bee@school-Sprechstunde!, einer engen Zusammenarbeit aller Beteiligten und präventiven Maßnahmen in den Schulen können nachhaltige Lösungen gefunden werden – für eine bessere schulische, emotionale und soziale Zukunft der betroffenen Kinder und Jugendlichen.

Beachte: 
Die im Bezirk Wandsbek gemeldeten Patienten, können aufgrund meiner Amtsarzttätigkeit im Bezirk Wandsbek, leider nicht behandelt werden.

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